In Turin...
...habe ich keine besondere Neuigkeiten erfahren. Ich sah mir die Straße an in der das Pferd zusammenbrach. Die Straße ist noch genau so gepflastert als sie es vor hundert Jahren gewesen sein mag. Das Haus in dem Nietzsche, in einem kleinen Kämmerchen seine letzten Gedanken sammelte, vor seinem Übergang; dieses Haus steht noch. Es ist ein Schild angebracht.
Friedrich Nietzsche hat sich sein ganzes Leben lang mit Gott befaßt, und nur mit ihm. Das taten einige andere auch. Bei "Fritz-Nix" war es aber sehr viel deutlicher. - Sören K. brach auf der Straße zusammen. - Edgar. A.P. ebenfalls. - Nietzsche lebte noch ein ganzes Jahrzehnt, obschon er tot war. Es sind nicht seine "Wahnsinnsbriefe" und keinesfalls "Also sprach Zarathustra".
Die erstaunlichste Stelle in diesem Thema, ist der Aphorismus 125 aus der Fröhlichen Wissenschaft, unter dem Titel „Der tolle Mensch“. Der stilistisch außerordentlich 'eingedampfte' Aphorismus enthält Anspielungen auf klassische Arbeiten der Philosophie,Tragödie und Literatur. Der Text zeigt ganz eindeutig den Tod Gottes als bedrohliches Ereignis. Das in allen Fundamenten zerstörte Urvertrauen und das daraus resultierende Grauen vor der absoluten Perspektivlosigkeit hinkünftiger Generationen versucht der Sprecher mühevoll zu artikulieren. Es ist mithin ein Stammeln und keine Rede:
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Wohin ist Gott? rief er, ich will es euch sagen!
Wir haben ihn getötet, – ihr und ich!
Wir alle sind seine Mörder!
Aber wie haben wir dies gemacht?
Wie vermochten wir das Meer auszutrinken?
Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen?
Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten?
Wohin bewegt sie sich nun?
Wohin bewegen wir uns?
Fort von allen Sonnen?
Stürzen wir nicht fortwährend?
Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten?
Gibt es noch ein Oben und ein Unten?
Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts?
Haucht uns nicht der leere Raum an?
Ist es nicht kälter geworden?
Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht?
[...]
Gott ist tot!
Gott bleibt tot!
Und wir haben ihn getötet!
Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder?
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Gott ist ein Mörder
Sagt Nietzsche
Und
Wenn wir darum Gott töten
Damit die Götter
Sind wir die Mörder aller Mörder.
Einige tausend Tage später kam Einstein. Dann kam Hubble. Der Mensch ist weniger als Nichts. In einer Sprialnebelgalaxie von Hundert Milliarden Sonnen - ist er völlig ohne Bedeutung. Von diesen Spiralgalaxien gibt es wiederum Hundertmilliarden. Der Mensch ist bedeutungsloser als eine Ameise.
Auf dieser Mikrobenwelt erschlagen sich gerade die am höchsten entwickelten Wesen dieses Planeten. Sie sind mithin nichts mehr wert, als das sie zu Grunde gehen.

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Lars Jane Dahn